Die Geschichte des TuS
Der Begriff Turnen geht auf das lateinische Wort »tornare« zurück. Es bedeutet: wenden, drehen. Obwohl Gymnastikformen zur Körperertüchtigung in allen Phasen der Geschichte bekannt sind, prägt erst Friedrich Ludwig Jahn diesen Terminus als Sammelbezeichnung für bestimmte Leibesübungen mit oder ohne Gerätenutzung. Für den Pionier der Turnbewegung ist diese Form der sportlichen Betätigung für die Gesamtbildung des Menschen von überragender Bedeutung.
Die Zeit von etwa 1840 bis 1865 sieht in Deutschland den Höhepunkt des wirtschaftlichen und politischen Liberalismus. Sie ist richtungsweisend für die Herausbildung der Organisationsform des traditionellen Turnvereins. Das liberale Bürgertum braucht eine Verfassung, die die Vereinigungsfreiheit garantiert. Der Staat will den “unverdächtigen” Verein. Dazu gehören allmählich neben Wohltätigkeits-, Lese- und Gesangvereinen auch die Turnvereine. Die geselligen Veranstaltungen und die Ehrbarkeit der kleinen Leute prägen in den Turnvereinen das Leben. Die Satzung verbürgt allen Mitgliedern gleiche Rechte. Mitglieder können übrigens nur erwachsene Männer werden. Unter der Regierung Kaiser Wilhelm II. (1888 – 1918) werden die Weichen für die Entwicklung der deutschen Turn- und Sportbewegung gestellt. Vorbild ist ihm das englische Weltreich, das unter seiner Großmutter, Königin Victoria, auf der Höhe seiner Macht steht. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstehen auch auf dem Land nach und nach Turnvereine. Der Gedanke zu diesen Vereinsgründungen ist von der 1868 in Weimar von Theodor Georgii und Ferdinand Goetz gegründeten Deutschen Turnerschaft ausgegangen.
Die Arbeiterturnvereine, die sich nach der Aufhebung des Sozialistengesetzes ab 1890 gründen, treten der Deutschen Turnerschaft nicht bei, sondern rufen 1893 den Arbeiter-Turnerbund (ATB) ins Leben. Den Vereinen der Deutschen Turnerschaft ist es laut Satzung verboten, sozialdemokratische Arbeiter aufzunehmen. Sie werden angewiesen, die “vaterlandslosen Gesellen” auszuschließen! Zudem unterscheidet die kaisertreue Deutsche Turnerschaft aus nationalen Motiven deutlich zwischen Turnen und Sport. Der Fußballsport gilt als “undeutsches Spiel” und wird als “Fußlümmelei” beschimpft.
Auf der anderen Seite haben die Arbeitersportler kein Interesse mehr am kaiserlichen “Drill-Turnen”. In dieses historische Umfeld fiel die Gründung des Turnvereins Naunheim.
- Vorsitzender: Ludwig Neeb
- Stellvertreter: Wilhelm Neeb
- Turnwart: Ludwig Schäfer
- Stellvertreter: Heinrich Neeb
- Zeugwart: Wilhelm Schmehl
- Kassenwart: Heinrich Bill
- Schriftführer: Jakob Schäfer
- Beisitzer: Jakob Bingel
- Beisitzer: Jakob Hedderich
Die Deutsche Turnerschaft schickt überzeugte Männer in die Dörfer und wirbt für das Turnen. Man will erreichen, dass in jedem Ort mindestens ein Verein entsteht, der ihre Gedanken vom Turnen verwirklicht. In Naunheim erscheinen der Uhrmachermeister Gerlach und Herr Bender, beide aus Wetzlar. Es gelingt ihnen, junge Burschen zu überzeugen und für die Turnerschaft zu gewinnen. Auch der Naunheimer Bürgermeister Jakob Kern V., konservativ und kaisertreu, hat sich den Ausführungen der Wetzlarer angeschlossen und erteilt seine Genehmigung zur Vereinsgründung. Nach der Überlieferung ist es der Burschenverein »Gemütlichkeit« gewesen, der in seiner Versammlung am 1. Februar 1906 im Gasthaus Kaspar Wagner im Deutschen Hof in der Vornstraße, der heutigen Waldgirmeser Straße, die Pionierarbeit zum «Turnverein Naunheim» geleistet hat. 72 Aktive und 17 Zöglinge weist die Mitgliederliste des Gründungsjahres aus. Als Zöglinge gelten Jugendliche, die noch nicht in die Burschenschaft aufgenommen sind. Erst mit 17 Jahren, bei der “Burschenaufdingung”, können sie “Bursche” werden. Auch die Mitglieder der Burschenschaft »Einigkeit «, gegründet am 19. März 1905 von der Gastwirtschaft Ludwig Konrad Bill in der Untergasse (Wetzlarer Straße) treten dem neuen Verein bei. Bei der 1. Vorstandswahl werden berufen:
Zweimal in der Woche wird regelmäßig geturnt, werden “volkstümliche Übungen“ abgehalten (Leichtathletik) und Gymnastik betrieben. Das Geräteturnen steht im Vordergrund, Leichtathletik und Spiele sind zweitrangig. Schon im Herbst des Gründungsjahres kann sich der Verein mit einem Schauturnen im Vereinslokal Deutscher Hof der Öffentlichkeit präsentieren. Zudem pflegen die Turner das Laientheater, führen Verlosungen durch, um den Kassenbestand zu verbessern. Außer den bescheidenen Mitgliedsbeiträgen fließen dem Verein kaum Spenden zu. Trotzdem kann man 1910 über ein Kassenplus von 500 Mark verfügen. Nun sind die Sportler in der Lage, weitere Sportgeräte und ein Sportgelände zu erwerben. Der erste Sportplatz liegt am nördlichen Ende der Lahninsel, hinter dem Eingangstor der ehemaligen Gärtnerei. Schon 1912 baut der TV Naunheim auf der “Pferdsweide”, an der Stelle des heutigen Rasenplatzes, ein festes Reck. Das gesellige Leben wird durch die alljährliche Maitour bereichert. Ein Spielmannszug, die “Klöppelmusik”, begleitet die Sportler mit Trommeln und Pfeifen auf ihren Vereinsausflügen. Dass in Naunheim schon vor dem 1. Weltkrieg auch Fußball gespielt wird, beweist ein Kassenbeleg von 1912 über die Ausgabe für “Reparatur am Fußball”. 1913 kauft der Verein einen neuen Fußball. Die Fußballer spielen in den ersten Jahren im “Fußballklub Naunheim”, keinem selbstständigen Verein, sondern einem Anhängsel des Turnvereins. Die Mitgliederzahl des Turnvereins bewegt sich in den Jahren vor dem ersten großen Weltkrieg zwischen 60 und 100 jungen Männern:
1908 - 75 Mitglieder und 16 Zöglinge | 1913 - 53 Mitglieder und 10 Zöglinge | 1914 - 58 Mitglieder und 14 Zöglinge
Der Leistungsstand der Naunheimer Sportler steigert sich permanent: schon nach wenigen Jahren kann man sich mit den Turnern benachbarter Vereine im Wettkampf messen. Nach 8jähriger stetiger Aufwärtsentwicklung unterbricht 1914 der 2. Weltkrieg die Vorwärtsbestrebungen des jungen Vereins jäh. 56 Vereinsangehörige müssen in den “Großen Krieg” ziehen. 12 hoffnungsvolle junge Männer lassen ihr Leben, 2 bleiben vermisst. Der Sportbetrieb wird 1915 eingestellt.
Karl Birk hat 1913 den Vereinsvorsitz von Ludwig Neeb übernommen. Er leitet den Turnverein Naunheim bis 1920. Unter seiner Regie lebt der Verein nach dem Ende des Krieges wieder auf. 1920 wird Fritz Bill zum Vorsitzenden gewählt. Jetzt beschließt die Generalversammlung: das Vereinslokal für die Zukunft wird das Gasthaus mit Saalbau Hermann Bill, im Dorfmund: Bäckesch. Der leidige Wechsel der Gaststätten ist vorbei.
Im Saal finden neben den Turnern auch die 1921 gegründeten Abteilungen Leichtathletik und Fußball (im Winter) nahezu ideale Trainingsbedingungen vor. 1921 richtet der TV Naunheim das zwei Tage dauernde Bezirksturnfest auf dem Sportgelände “Pferdsweide” (Lahninsel) aus. Die Geräteturner bringen dem Verein viel Ehre und schöne Auszeichnungen. In den 1920er Jahren legen die aktiven Turner großen Wert auf die Heranbildung des Nachwuchses. Das zahlt sich aus. Fritz Bill, Hermann Bill, Hermann Leidolf und Karl Bernhardt sind Naunheimer Vorzeigeturner. 1924 erringt Hermann Leidolf bei dem Bezirksturnfest in Gießen den 2. Platz im Geräteturnen. Der aufstrebende Turnverein sucht nun auch den Kontakt zu den bestehenden Dachorganisationen. 1920 hat er sich dem Verband für Leibesübungen in Wetzlar angeschlossen und tritt 1922 dem “Westdeutschen Spielverband” wegen der aufstrebenden Fußballspieler bei. Mit dem Fußball ist eine Sportbewegung in das Dorf Naunheim gekommen, die Junge wie auch Alte erfasst. Die Schulbuben spielen kaum noch etwas ande-res als Fußball. Nicht mit einem Lederball, sondern mit einem aus Lumpenresten zusammengenähten “Lumpenball”.
In Naunheim tritt nun eine entscheidende Wende in der sportlichen Betätigung ein. König Fußball dominiert das Geschehen. Noch gibt es kein Spielfeld. Den ehemaligen Sportplatz hat man in den Kriegsjahren umgeackert. Auch Fußballschuhe kann sich niemand leisten. Die Spieler benutzen die “Genagelten”, gewöhnliche Alltagsstiefel mit Nägeln auf der Unterseite und mit einer Stahlkappe an der Vorderseite verstärkt. Gespielt wird zunächst auf den Gemeindewiesen südlich des oberen Schleusenkanals. 1920 wird dann auf der Lahninsel, nördlich des Schleusenkanals, das Sportgelände planiert, das heute noch besteht. “Richtige” Fußballtore lässt der Verein aufstellen und keine Bohnenstangen mehr. Das Interesse am Turnen schwindet nach und nach, obwohl es nicht zum Erliegen kommt. Ältere und jüngere Turner halten in den folgenden Jahren den Turnbetrieb aufrecht. Fritz Sott leitet den Verein von 1921 bis 1924. Am 1. November 1924 erfolgt der Beitritt des TV Naunheim in den Arbeiter-Turn- und Sportbund. Aus heutiger Sicht eine richtige Entscheidung, da die Mehrzahl der Mitglieder Arbeiter sind. Erstmalig gibt sich der Verein eine schriftliche Satzung nach den Leitlinien des Spitzenverbandes. Der Vereinsname lautet nun: ”Turn- und Spielverein Naunheim”. Zum neuen Vorsitzenden wird Heinrich Keller gewählt. In der regionalen Gliederung gehört Naunheim zum Gau Hessen, Bezirk Gießen-Wetzlar. Zu Fußball, Turnen und Leichtathletik gesellen sich eine Kinderabteilung sowie eine Frauen- und Mädchengruppe hinzu. Zeitweise wird auch regelmäßig Faustball gespielt. Seit 1924 findet unter aktiver Beteiligung des Vereins das dann traditionell in jedem Jahr ausgerichtete Waldfest statt, heute als “Inselfest” ein fester Bestandteil des Dorfgeschehens.
Der Bekanntheitsgrad der Naunheimer Fußballer wächst in den 1920er Jahren von Jahr zu Jahr. Durch die Inflation in der Weimarer Republik und die Weltwirtschaftskrise Ende des Jahrzehnts tritt eine Massenarbeitslosigkeit ein, die auch die meisten Naunheimer Sportler trifft. Sie nutzen ihre nicht gewollte Freizeit mit Arbeiten in der häuslichen Landwirtschaft und mit Sport und Spiel. Fast täglich wird auf dem Sportplatz trainiert. Erfolge bleiben nicht aus. Die erste Fußballmannschaft spielt sich über die Kreisklassen C und B in die Kreisklasse A. Schüler und Jugendmannschaft werden von aktiven Spielern trainiert, so dass sich auch hier Fortschritte zeigen. Auch die Arbeit in den anderen Sparten geht kontinuierlich weiter. Besonders die Frauenabteilung wächst von Jahr zu Jahr. Ihr Interesse liegt bei Gymnastik, Leichtathletik und Geräteturnen. Das zeigt sich bei den Feierlichkeiten anlässlich des 20jährigen Jubiläums.
Im Sommer 1926 veranstaltet der Verein im Garten und im Saal des Vereinslokals keine Großveranstaltung, sondern eine sehr gut gelungene und bestens besuchte Vereinsfeier. Neben der Turngruppe hat sich im Verein eine starke Leichtathletikmannschaft hervorgetan. Heinrich Bill, der rechte Außenstürmer der Fußballmannschaft, ist einer der schnellsten 100 m Läufer des Bezirks. Mit 107 Aktiven und ca. 60 Jugendlichen und Schülern nimmt der TuS 1928 eine Spitzenstellung im Dorfleben ein. Ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte des Turnund Spielvereins wird das Bezirksturnfest Anfang Juli 1931 anlässlich des 25jährigen Bestehens. Austragungsort ist der große Gemeindewiesengrund in der Gemarkung “Niederweide” nach Wetzlar zu, da das Sportplatzgelände auf der Lahninsel zu klein ist. Das Fest dauert 3 Tage. Schon lange vorher müssen die Vorbereitungen getroffen werden. Eine große Anzahl auswärtiger Vereine haben ihr Erscheinen angemeldet. Für Quartiere und Verpflegung ist zu sorgen. 560 Personen beziehen in Naunheim Privatunterkünfte. Jedes Haus nimmt 2 bis 3 Sportler auf. Alle Naunheimer sind von einer sportlichen Begeisterungswelle erfasst. Am Samstag, bei strahlendem Sonnenschein, können die Festtage mit einem großen Umzug eröffnet werden. Rund 2.500 Teilnehmer marschieren durch die Dorfstraßen unter den Klängen mehrerer Kapellen an der alten Lahnmühle vorbei zur Wettkampfstätte. An der Spitze des Festzuges marschiert der Mitbegründer, langjährige Vorsitzende, Ehrenmitglied und Ehrenpräsident Karl Birk. Neben ihm schwenken die Turner ihre Fahne, dahinter fahren die Radsportler aus Krofdorf und Launsbach. Auf dem Sportgelände beginnen Massen- und Gruppenaufführungen, Freiübungen und Gymnastikdarstellungen. Der Sonntag ist der Tag der Wettkämpfe mit Geräteturnen und Leichtathletik. Trotz des weniger gut geeigneten Sportgeländes erreichen die Sportler ausgezeichnete Leistungen. Zum Abschluss des für Naunheim großen Festes messen sich die Fußballmannschaften von Bornheim/Frankfurt (FSV Frankfurt) und TuS Naunheim in einem Freundschaftsspiel. Naunheim siegt 2:0. Am Abend klingt das Fest mit einem geselligen Beisammensein aus.
Den fußballerischen Aufstieg leitet maßgeblich die erfolgreiche Elf von 1929 mit Willi Landenfeld, Otto Hofmann, Wilhelm Bill, Hermann Bernhardt, Hermann Hartmann, Adolf Kern, Heinrich Bill, Karl Goldmann, Gustav Hartmann, Rudolf Bernhardt und Karl Becker ein. In der Spielsaison 1931/32 bauen die Verantwortlichen mehrere junge Spieler in die 1. Mannschaft ein. Der Erfolg bestätigt die Maßnahme. Der TuS Naunheim erringt die Kreismeisterschaft (Hessenmeisterschaft). Die Mannschaft ist für die Teilnahme an den Spielen zur süddeutschen Fußballmeisterschaft qualifiziert. Der Siegeszug der Mannschaft, der sie bis in die Vorschlussrunde dieser Meisterschaft führt, bleibt bis heute in der Fußballgeschichte Mittelhessens einmalig. Die Fußballspieler können die Süddeutsche Meisterschaft nicht erringen. Doch gegen bedeutende Gegner wie Ludwigshafen am 6.3.1932 im Gießener Waldstadion vor etwa 8000 Zuschauern (6:3), Union Böckingen und Wachenbuchen (heute Stadt Maintal) wird gewonnen, die Mannschaft von Wiener Gaswerk VIII ist auf der Naunheimer Lahninsel nicht zu schlav gen. Die Begeisterung für die Fußballmannschaft aber kennt keine Grenzen mehr. 2-3000 Zuschauer aus nah und fern wollen die erfolgreiche Mannschaft sehen
Große Ehre erfahren Hermann Schäfer und Heinrich Bill. Sie werden zu einem Kursus und anschließenden Spielen nach Wien eingeladen. Adolf Kern fährt zu einem Lehrgang an die Bundesschule des Arbeitersports nach Leipzig. Die geforderte Auflösung nach dem Prinzip der Gleichschaltung und anschließende Neugründung versetzt dem Naunheimer Turn- und Spielverein einen herben Schlag. Am 24.8.1933 erscheinen nur etwa 40 Personen bei der Gründungsversammlung in der Gastwirtschaft Jakob Bill. Nur 22 Männer tragen sich als Mitglieder ein. Der neue Vorstand:
- “Vereinsführer” Hermann Paul
- Stellvertreter Ludwig Becker
- Kassierer Adolf Kern
- Sportwart Heinrich Neeb
- Zeugwart Rudi Kern
- Jugendleiter Karl Bernhardt
- Spielausschuss-Beisitzer Hermann
- Hartmann und Otto Bill
Nur allmählich läuft der Sportbetrieb wieder an. Seit 1935 veranstaltet der Verein jährlich Vereinsmeisterschaften. Im gleichen Jahr, am ersten Osterfeiertag, tragen die Fußballer ein Freundschaftsspiel gegen Germania Enkheim/Frankfurt aus. Nach dem Spiel nehmen die Gastgeber die Enkheimer Sportler zum Abendessen mit nach Hause. Am Abend finden sich die Spieler und ein großer Teil der Naunheimer sportbegeisterten Bevölkerung im Saalbau Hermann Bill zu einem zünftigen Unterhaltungsabend ein. Die Enkheimer Gäste bleiben über Nacht in Freiquartieren im Ort. Das gesellige Leben gleicht wieder dem in früheren Zeiten. Man kehrt in das ehemalige Vereinsgasthaus zurück. Die Fußballspieler spielen in der Bezirksklasse. 1934/35 und 1936/37 erringt die 1. Mannschaft die Bezirksmeisterschaft der Gruppe Gießen-Marburg. Den Aufstieg in die nächsthöhere Klasse, die Gauliga, schafft sie jedoch nicht. Die Mitgliederzahl steigt auf 150 Personen. Auch Frauen und Mädchen beteiligen sich wieder am Sport. Mit der Durchführung der Werbung für die Olympiade 1936 wird Heinrich Keller II. betraut. Ab 1938 macht sich der heranziehende Krieg bemerkbar. Viele junge Sportler erhalten ihre Einberufung zum Reichsarbeitsdienst und zur Wehrmacht. Ab 1939 kann oft nur noch eine aktive Fußballmannschaft spielen, sie muss mit Jugendspielern ergänzt werden. 50 Vereinsmitglieder sind eingezogen worden. 1940 holt die erste Jugendmannschaft den Gruppensieg und gewinnt die Pokalmeisterschaft. Der Turnbetrieb muss zeitweise ruhen, da die Wehrmacht den Saalbau Bill belegt hat. 1941 sind von 172 Vereinsmitgliedern 92 Männer in den 2. Weltkrieg gezogen.
In den ersten Kriegsjahren trägt der TuS Naunheim Verbandsspiele gegen 1900 Gießen, VfB Gießen, Luftwaffe Gießen, Watzenborn-Steinberg, Wetzlar 05, Sportfreunde Burgsolms und Sportfreunde Wetzlar aus. 1940 gewinnt die 1. Fußballmannschaft den “Kriegsmeisterpokal”, die Jugend den “Bannpokal”. Man ist stolz darauf, alle Erfolge mit eigenen Spielern errungen zu haben. Andere Mannschaften verstärken sich immer wieder mit auswärtigen Soldaten. Bei 11 Verbandsspielen sind die Naunheimer 7 mal erfolgreich und verlieren 4 Spiele. Bei der Jahreshauptversammlung am 8.2.1941 wird bekannt gegeben, dass der Verein in das Vereinsregister eingetragen worden ist und in Zukunft den Namen Turn- und Spielverein 06 führt. Die Mitgliederzahl beträgt 159. In diesem Jahr muss die 1. Fußballjugendmannschaft den “Bannpokal” an Allendorf abtreten. Sie verliert 2:1. Auch die 1. Mannschaft zieht im Pokal gegen Wetzlar 05 mit 1:5 Toren den Kürzeren. Am Sonntag, dem 6. Juli 1941, feiert der Tuspie den Turn- und Sporttag des Dorfes, eine zeitgemäße Veranstaltung. Es werden Massenfreiübungen, Übungen am Pauschenpferd, Völkerballspiele, akrobatische Turnübungen am Boden etc. dargeboten. Handgranatenwerfen und Scheibenschießen dürfen nicht fehlen. Wilhelm Ferber und Otto Adam demonstrieren den Stabhochsprung. Ein Fußballspiel findet offenbar nicht statt.
Im September trägt die 1. Fußballmannschaft 2 Spiele aus. In Oberbiel gewinnt sie 5:0. Gegen die Gauklassemannschaft Sportverein Wetzlar siegt Naunheim (kein Ergebnis) mit folgender Mannschaft: Tor: Hermann Schäfer. Verteidigung: Hans Wiesenborn und Willi Wagner. Mittelfeld: Willi Bernhardt, Fritz Karen und Ernst Bernhardt. Sturm: Willi Pfeiffer, Ernst Wagner, Willi Neeb, Heinrich Rühl und Otto Strauch.
Am Sonntag, dem 19.10. beginnt die neue Verbandsrunde. In der Kreisklasse spielt der Tuspie Naunheim gegen Spielvereinigung 1900 Gießen, VfB Reichsbahn Gießen, Luftwaffensportverein Gießen, Sportverein Wetzlar, Tuspie Ehringshausen, Sportverein Watzenborn-Steinberg und Tuspo Burgsolms. Naunheim gilt als Favorit.
Im April 1942 die traurige Notiz: “Durch den Kriegsdienst stehen 10 Spieler der 1. Fußballmannschaft nicht mehr zur Verfügung. Leider muss die Mannschaft von den Meisterschaftsspielen zurückgezogen werden Das ist schwer gefallen, zumal Naunheim an 1. Stelle steht”. Durch die Kriegsereignisse kommt der Sportbetrieb zum Erliegen. Als am 28. März 1945 mit dem Einmarsch der amerikanischen Truppen der Krieg für Naunheim zu Ende ist, sind 44 Vereinsmitglieder gefallen. Am 10. Oktober gründen 47 Einwohner den Verein neu. Die schwere Bürde der Vereinsleitung übernimmt Karl Becker. Aus gesundheitlichen Gründen muss er jedoch an der 1. Jahreshauptversammlung zurücktreten. Heinrich Keller wird neuer Vorsitzender - stellvertretender Vorsitzender: Karl Becke - Kassierer: Willi Best - Jugendleiter: Rudolf Bernhardt - Spielleiter: Albert Neeb - Schriftführer Willi Schönberger.
Die Anzahl der Vereinsmitglieder ist bereits auf 70 Personen angestiegen. Zunächst tragen Jugend und Aktive Freundschaftsspiele gegen benachbarte Mannschaften aus. Eine Klasseneinteilung erfolgt 1946. In der ersten Spielserie soll Naunheim in die Bezirksklasse eingestuft werden. Das korrigiert man aber bald wieder. Die 1. Fußballmannschaft wird der Landesliga zugeordnet. Ein kurzes Intermezzo bietet eine Boxabteilung im Verein. Heinz Titze, ein späterer Boxprofi, begeistert auf dem Gebiet der Selbstverteidigung und der Gymnastik einige junge Naunheimer Sportler. Eine erste Tischtennisgruppe kann Anfang 1948 ihre letzten Pflichtspiele nicht mehr austragen. Sie hat keine Tischtennisbälle mehr!
In der Monatsversammlung am 9.4.1948 wird mit Bürgermeister Adolf Kern über den Standort einer Sportplatzanlage diskutiert.
Drei Vorschläge stehen im Raum:
- die Gärtnerei.
- das so genannte “Gefäll” an der Landstraße nach Wetzlar hin. Hier wird ein Altarm der Lahn von der Firma Buderus befüllt.
- das gesamte Gelände zwischen Gärtnerei und Schleusenkanal.
Die Gärtnerei entfällt, da der Pachtvertrag mit der Firma Hensoldt eine zu lange Laufzeit hat. Am Standort “Gefäll” kann die Versammlung keinen Gefallen finden. Die Mitglieder entscheiden sich für die Erweiterung des alten Sportplatzgeländes. Der Weg dahin soll nach der bevorstehenden Währungsreform ausgebaut werden, momentan fehlt es an Arbeitskräften. Eine weitere Monatsversammlung beschließt an Weihnachten den hinterbliebenen Familien der gefallenen, vermissten und noch in Gefangenschaft befindlichen Mitgliedern eine Gratifikation von RM 50 zu spenden. In den 3 folgenden Jahren wechseln die Vereinsvorsitzenden von Jahr zu Jahr:
- 1949 - Willi Rühl
- 1950 - Robert Plefka
- 1951 - Adolf Kern
1952 übernimmt Kurt Geist die Position und führt den Verein bis 1956.
Inzwischen ist die Zahl der Mitglieder auf 120 Personen angestiegen. Der ersten Fußballmannschaft gelingt es jedoch nicht, sich in der Landesliga durchzusetzen. Sie steigt in die Bezirksklasse ab. Auch in dieser Klasse steht ihr das berühmte Quäntchen Glück nicht zur Seite. Obwohl man in der Saison 1950/51 Bezirkspokalsieger wird, müssen die TuS Fußballer in die Kreisklasse absteigen. Hermann Schäfer II., aus der erfolgreichen Mannschaft der 30er Jahre, übernimmt das Training der aktiven Fußballer.
Am 11.6.1950 gewinnt der spätere aktive Fußballspieler Heinrich (Heine) Schmid den 1. Preis bei dem Kreisturnfest in Nauborn. Erfreulicherweise erringen Jugend- und Schülermannschaften des TuS nach dem Krieg verschiedene Meisterschaften. Zwei Jahre vor dem 50jährigen Vereinsjubiläum ist auf dem alten Fußballfeld Baubeginn für einen Rasenplatz mit Aschenbahn. Die Fußballspiele müssen auf der “Niederweide” ausgetragen werden. Hier feiert der Verein auch vom 9. - 11. Juni 1956 sein 50jähriges Bestehen. Ein gelungenes Fest, trotz des Dauerregens. Durch den Gewinn der Kreismeisterschaft 1955/56 wird endlich wieder der Aufstieg in die Bezirksklasse geschafft.
1957 wird Ernst Failing 1. Vorsitzender des TuS Naunheim. In seine Amtszeit fällt auch die Fertigstellung der Sportanlage auf der Lahninsel. Die Einweihung geschieht im August mit dem Bezirksklassenspiel gegen Rodheim-Bieber. Die vorbildliche Anlage kostet 21.000 DM. Der TuS steigt in die A-Klasse ab. Als Meister dieser Klasse kehrt man 1958/59 in die 2. Amateurliga Lahn zurück. 1959 übernimmt Heinz Adam die Vereinsleitung, im folgenden Jahr Erich Keiner bis 1963. Das Gründungsdatum der Tischtennisabteilung ist das Jahr 1961. Im ersten Jahr ihres Bestehens erreicht die 1. Mannschaft den Aufstieg in die A-Klasse. Einen weiteren Meilenstein in der Sportgeschichte des TuS Naunheim bietet der Neubau des Vereinsheims am Sportplatz. In vielen freiwilligen Arbeitseinsätzen ist es im Mai 1962 gelungen, den Sportlern moderne Umkleidemöglichkeiten und andere Räumlichkeiten zu geben. 33.000 DM Baukosten sind eine sich lohnende Investition gewesen. Im gleichen Jahr, am 22. Dezember, ist die Schulturnhalle fertiggestellt worden. Die witterungsbedingten schlechten Zeiten sind vorbei. Hallensportler, die bis dahin den Saal der Gastwirtschaft Bill nutzen müssen, können nun unter besten Bedingungen ihren Sport betreiben. Die Mitgliederzahl von 550 Personen beweist das neu geweckte Interesse der Bevölkerung am Sport. Am 26.12.1961 kämpft sich der TuS bis in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals. Gegen die Vertragsspielermannschaft des Zweitligisten SV Wiesbaden verliert die Mannschaft in der Verlängerung mit 1:3. Von 1963 bis 1968 bekleidet Erwin Becker das Amt des 1. Vorsitzenden. Diese Zeit kann man wahrlich als den zweiten sportlichen Höhenflug der Naunheimer Fußballspieler bezeichnen. Die Saison 1963/64 sieht den TuS als Meister der Bezirksklasse.
Mit der SG Westend Frankfurt, BC Sport Kassel und Hessen Kassel (Amateure) wird in Vor- und Rückspielen um den Aufstieg in die Hessenliga gekämpft. Trotz sehr guter Leistungen der Spieler und den hohen Zuschauerzahlen (gegen Hessen Kassel 2.800) kann der Aufstieg nicht geschafft werden. In der Bezirksligasaison 1964/65 kann der TuS den 4. Tabellenplatz belegen. Das ist sehr wichtig gewesen, da ein Beschluss des Hessischen Fußballverbandes eine neue Klasseneinteilung vorsieht. Die in der oberen Tabellenhälfte platzierten Mannschaften gehören von da an der neu geschaffenen Gruppenliga (II. Amateurliga) an. Im zweiten Jahr der Gruppenligazugehörigkeit kann 1966/67 punktgleich mit Mühlheim der 1. Platz belegt werden. Das Entscheidungsspiel in Hanau verlieren die TuS-Spieler 3:0. Einer der besten Naunheimer Spieler, Dieter Adam, wechselt zum FSV Frankfurt. Trotz dieses schmerzlichen Abgangs gelingt 1968 endlich der Aufstieg in Hessens höchste Amateurliga. “Wenn wir Meister werden, dann veranstalten wir ein Fest, gegen das das Münchener Oktoberfest ein Kaffeekränzchen ist” sollen begeisterte Anhänger des TuS Naunheim gesagt haben. Die von Werner Schanne trainierte Hessenligamannschaft hält sich in der Liga zunächst beachtlich, rutscht aber in der Rückrunde in der Tabelle ab. Am Ende steht man trotz eines Punktestands von 29:39 an 14. Stelle von 18 Mannschaften. Da punktgleich mit Neu-Isenburg, muss ein Entscheidungsspiel ausgetragen werden. Vor 2000 Zuschauern in Bad Nauheim bleibt dem TuS Naunheim das schon bekannte Pech treu. Durch die 0:2 Niederlage steigt die Mannschaft nach einjähriger Zugehörigkeit zur Hessenliga wieder in die Gruppenliga ab. Seinen 60jährigen Geburtstag feiert der TuS 1966 mit einer Sportwoche. Nach langer Zeit zeigen sich die Turner wieder einmal mit einem Schauturnen der Öffentlichkeit. Die erste schtennismannschaft steigt in die Bezirksklasse Nord auf. Das Sportgelände auf der Lahninsel wird um einen Hartplatz erweitert. 1968 übernimmt Wolfgang Failing das Amt des Vorsitzenden.
1970 entsteht die Verbindung zwischen dem TuS Naunheim und der Kunstturnvereinigung (KTV) 1968 Wetzlar. Oberstes Ziel soll die weitere Förderung junger Naunheimer Turntalente sein. Zu ihrem 10jährigen Abteilungsjubiläum 1970 übertrifft die 1. Tischtennismannschaft (Wolfgang Herget, Gerhard Mulch, Bernd Siewert, Manfred Kautz, Hans Jürgen Geist und Manfred Hoffmann) die Erfolgevergangener Jahre. Sie gewinnt die Gruppenligameisterschaftund steigt in die Landesliga auf. In der Saison 1971/72 gelingt es dem TuS Naunheim beinahe wieder in die Hessenliga aufzusteigen. Im Entscheidungsspiel am 17.6.1971 gegen den VfB Aßlar vor 7500 Zuschauern im Wetzlarer Stadion reicht es wieder einmal nicht, Aßlar siegt 2:0.
1972 formiert sich sogar auf kurze Zeit eine recht erfolgreiche Frauenfußballmannschaft und wird prompt Kreispokalsieger.500 Zuschauer sehen das Endspiel in Braunfels gegen Schwalbach, das knapp mit 1:0 gewonnen werden kann.In den folgenden Jahren 1972 bis 1974 erreichen die TuS Fußballer obere Tabellenplätze in der Gruppenliga. 1974 stirbt nach schwerer Krankheit Reinhold Uhl, der langjährige Spielausschussvorsitzende der Fußballabteilung. Roland Schäfer wird Gaumeister bei den Schülerturnern und qualifiziert sich 1974 für die Deutsche Schülermeisterschaft. Die 1. Tischtennismannschaft steuert in der Saison 1975/76 von Anfang an auf Meisterschaftskurs. Nach hartem Ringen mit der TSG Jügesheim ist der Aufstieg in Hessens höchste Spielklasse, die Hessenliga, perfekt. Leider beschränkt sich die Zugehörigkeit nur auf ein Jahr.Die Fußballer des TuS Naunheim steigen 1978 nach12 Jahren Gruppenliga in die Bezirksliga ab.
Wie kann ich Mitglied werden?
Mitglied im TuS Naunheim zu werden geht ganz einfach.
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Sende deinen ausgefüllten Antrag per E-Mail an info@tus-naunheim.de
Jahresbeiträge
Es gibt Einzelmitgliedschaften für Erwachsene und Jugendliche/Kinder. Ab zwei Personen einer Familie wird ein Familienbeitrag gewährt.
Je nach Sportangebot kann eine zusätzliche Kursgebühr erhoben werden. Darüber wird beim jeweiligen Sportangebot informiert.
Der Jahresbeitrag wird halbjährlich eingezogen.